Text und Recherche: Chiara Joos
Fotos und Recherche: Philipp Horak
Vergangenen Frühling saß ich bei einer Recherche einer Mutter gegenüber, die frustriert ihr Handy auf den Küchentisch knallte. Ihre Reaktion war für mich nachvollziehbar: Es ging um ihr Kind, das zum dritten Mal die Klasse wiederholen sollte. Ihre Tochter bekam keine Erlaubnis von Schule und Behörden, die Schul-Oberstufe besuchen zu dürfen. Sie war frustriert von einem System, das unterstützen sollte, in dem sie aber immer wieder an Grenzen stieß.
Die Szene ließ mich nicht los. „Eltern von Kindern mit Behinderung sind oft etwas Eigen“, sagte damals jemand zu mir. Weil sie oft von ihrem Umfeld nicht verstanden werden. Mich beschäftigte das. Nicht die Frage nach dem „Warum“, da war mir die Antwort klar: Viele Eltern von Kindern mit Behinderung sind überlastet. Mich interessierte vor allem, welche Geschichten sie teilen und inwiefern die Erfahrungen unterschiedlich sind.
Gemeinsam mit Fotograf und Vater Philipp Horak habe ich deshalb zu Eltern von Kindern mit Behinderungen recherchiert. Philipps Tochter lebt mit Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt. Er erzählte mir, wie es mit den Jahren immer komplizierter wurde. Wie er um Selbstverständlichkeiten und Unterstützung kämpfen muss, auf die jedes Kind mit Behinderung eigentlich ein Anrecht hat.
Philipp und ich wollten wissen, wie es anderen Eltern von Kindern mit Behinderungen geht. Wir haben auf Instagram nachgefragt, 147 Menschen haben uns geantwortet, das ist sehr viel. 145 davon waren Frauen. Drei davon haben wir getroffen.
Sie haben uns von Tagen erzählt, an denen alles zu viel war. Und von Momenten, die sie stark gemacht haben. Sie erzählten von Kindheiten, die mehr Planung brauchen, vom Familienleben im Ausnahmezustand und von einem Alltag, der oft wenig Raum lässt für das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Spontanität, Erholung und das Gefühl von Sicherheit.
»Nicht das Kind ist zu viel, sondern das System ist zu wenig.«


»Ich bin viel zu bockig um aufzugeben.«
»Man lernt am schnellsten durch schwierige Situationen.«
