Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit der Investigativ-Plattform DOSSIER entstanden.
Ich war in einem Programm, das uns auf Werkstätten und Tages-Einrichtungen vorbereiten sollte. Wir sollten unterschiedliche Materialien kennenlernen, und als Metall dran war, musste ich drei Monate lang rostige Schrauben putzen. Metall wurde so nicht gerade mein Lieblings-Material.
Jeden Morgen hatte ich dasselbe Bild vor mir: einen Kübel rostiger Schrauben, die ich putzen sollte. Ich war damals sehr unglücklich und enttäuscht, dass man mir nicht mehr zutraute. Darüber habe ich auch ein Gedicht geschrieben. Das war schon vor vielen Jahren. Letztes Jahr habe ich entschieden, es zu veröffentlichen. Ich habe es beim Literatur-Preis Ohrenschmaus eingereicht.
Eigentlich wollte ich das nicht, da ich nicht möchte, dass jemand wegen mir Schwierigkeiten bekommt. Aber damit die Menschen erfahren, wie sich Menschen mit Behinderungen fühlen, wenn sie solche Arbeiten verrichten müssen, habe ich es schließlich doch gemacht. Meine Familie hat mich dazu ermutigt. Und ich habe mit dem Gedicht tatsächlich einen Hauptpreis gewonnen. Meine Freude war riesengroß. Mein Gedicht können Sie auch hier unter diesem Text lesen. Für dieses Magazin habe ich mich mit Werkstätten auch journalistisch beschäftigt.
Das Thema ist mir wichtig, denn ich habe auch Freund·innen, die in Werkstätten arbeiten und die ihre Arbeit dort fad finden und gar nicht mögen. Das macht mich traurig. Ich bin der Meinung, dass sich das unbedingt ändern muss. Jeder Mensch sollte das machen, was ihn glücklich macht und zufriedenstellt.
Ich hoffe, dass die Menschen durch mein Gedicht beginnen, darüber nachzudenken, was sie anderen Menschen antun, wenn sie ihnen nichts zutrauen. Ich würde mir wünschen, dass man Menschen mit Behinderungen in Werkstätten einen sinnvollen und abwechslungsreichen Arbeitsalltag zutraut.
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warum machen sie nicht mal was kreatives mit uns
ich komme tagtäglich in die werkstatt
zu meinem arbeitsplatz hin
und sehe immer das gleiche bild:
einen kübel voller rostiger schrauben
und ich frage mich, warum machen sie nicht mal mit uns etwas kreatives?
das ergibt doch keinen sinn,
dieses entrosten von schrauben.
warum heißt dann die werkstatt kreativwerkstatt,
wenn sie doch nichts kreatives mit uns machen.
fällt ihnen denn nichts anderes ein,
außer schrauben zu putzen?
das kann doch wohl nicht sein,
das kann doch wohl nicht sein.
dann darf man doch diese werkstatt
nicht kreativwerkstatt nennen,
sondern werkstatt für dumme!
es ist so traurig, was sie mit uns tun.
- November, 2023
Geschrieben Von
David Tritscher (andererseits)
Redaktion
Lisa Kreutzer
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