Mit Rollstuhl fliehen

Anton Zvirko ist aus der Ukraine nach Österreich gekommen
Anton schaut mit ernstem Blick in die Kamera. Er hat kurze, braune Haare und trägt ein Karo-Hemd. Hinter ihm steht ein Computer-Bildschirm auf einem Schreibtisch.

Geschrieben von

Anton Zvirko kommt
aus dem Land Ukraine.
Das Land Russland hat die Ukraine

im Februar 2022 angegriffen.

Seitdem ist in der Ukraine Krieg.

Anton Zvirko benutzt
einen Rollstuhl.
Zusammen mit seiner Familie
ist er vor dem Krieg geflohen

und nach Österreich gekommen.

Anton Zvirko schreibt über den ersten Tag vom Krieg

und über seine Flucht.

Dieser Text spielt in Österreich.

Um 4 Uhr morgens habe ich 5 Mal

einen sehr lauten Knall gehört.
Das war am 24. Februar 2022.

Russland hat die Ukraine angegriffen.

Wir waren da gerade in Charkiw.

Das ist eine Stadt
in der Nähe von der russischen Grenze.

Meine Mutter hat Angst bekommen

und meinen Rollstuhl geholt.
Ich habe gesagt:
Wir müssen unsere Sachen packen.

Mein Stief-Vater hat gesagt:
Wir können nirgendwo hingehen.

Vielleicht sterben wir hier.
Wir haben uns so machtlos gefühlt.

Wir hatten keine Hoffnung.
So geht es in solchen Momenten

vielen Menschen mit Behinderungen.

Ein junger Mann sitzt in einem Rollstuhl. Er befindet sich in einer Wohnung. Er schaut aus dem Fenster auf Berge.
Das ist Anton Zvirko in seinem Rollstuhl.

Wie kann ich fliehen?

Krieg ist für alle Menschen schlimm.
Aber Menschen mit Behinderungen
haben es dabei oft besonders schwer.
Ich bin 25 Jahre alt und querschnitt-gelähmt.

Ich kann mich nicht alleine im Bett hinsetzen.

Ich kann ohne Hilfe nicht fliehen.

Wir haben gehofft: 

Vielleicht hört es auf. 

Um 6 Uhr morgens bin ich eingeschlafen.

Ich war sehr erschöpft.
Aber um 12 Uhr wurde es sehr laut draußen.

Dieses Mal waren es Raketen.

Ich war mir sicher:
Wir müssen jetzt unbedingt fliehen.
Das hat mein Stief-Vater auch gesagt.
Ich habe nur 3 wichtige Dinge mitgenommen:

– Kopfhörer

–  einen Laptop

–  eine Computer-Maus.

Auf dem Bild liegt ein schwarzer Laptop auf einem hellen Stoff. Daneben befindet sich eine weiße Computermaus und ein schwarzes Headset mit Kabel. Sonnenlicht fällt auf einen Teil des Stoffes und wirft Schatten.
Das sind Antons Laptop, Kopfhörer und Maus.

Hilfe von den Nachbarn

Wir wollten ganz schnell los.
Aber wir haben im 12. Stock gewohnt

und der Aufzug war ausgeschaltet.

Ich habe eine Nachricht in den Chat
mit den Nachbar*innen geschrieben.
10 Minuten später waren
7 Frauen und 1 Mann zum Helfen da.
Mein Stief-Vater und der Mann haben mich
bis nach unten getragen.
Draußen haben wir die ganze Zeit

die Bomben und Raketen gehört.

Wir hatten so wenig Zeit

und es waren so viele Treppen-Stufen.

Ich habe gedacht:
Wir schaffen es nicht.

Aber dann waren wir endlich im Auto.
Wir sind zu Verwandten von meinem Stief-Vater gefahren.

Ich war froh darüber.
Denn dort konnten wir etwas schlafen.
Eine Woche später war ich in einem fremden Land.
Ich hatte kein Zuhause und kein Geld.
Ich konnte die Sprache nicht.
Meine Heimat-Stadt in der Ukraine
wurde fast jeden Tag beschossen.

Glück im Unglück

Der erste Angriff auf die Ukraine
ist mehr als 3 Jahre her.
Ich denke oft an den Luft-Angriff
in der ersten Nacht.
Ich habe damals viel Glück gehabt.
Ich konnte fliehen.
Ich hatte die Hilfe von Verwandten und Freunden.
Aber so viele Menschen mit Behinderungen
konnten nicht fliehen.
Viele Tausend von ihnen
mussten in der Ukraine bleiben.

Geschrieben Von

Anton Zvirko

In Leichter Sprache von

Laura Heidrich

Redaktion 

Lisa Kreutzer

Fotos von

Ramona Arzberger